Einstige und heutige Schildfischforscher bei MareMundi:
Gouania hofrichteri sp. nov. Wagner et al. 2020 ist da!
Die Schildfische (Gobiesocidae) sind versteckt am Meeresgrund lebende, winzige Fische ohne großartige kommerzielle Bedeutung mit derzeit rund 171 Arten in 51 Gattungen fishbase: Family Gobiesocidae – Clingfishes and singleslits. Nur mit einem entsprechenden Knowhow können sie überhaupt gefunden werden, obwohl sie weltweit in tropischen, subtropischen und gemäßigten Meeren verbreitet sind. Denn ihre Lebensweise bezeichnen Biologen als „kryptobenthisch“, was für „versteckt am Grund lebend“ steht.
Wer die Liste der 171 Spezies in Fischbase fishbase: 171 Species in Family Gobiesocidae durchsucht, findet weit vorne Apletodon incognitus (Hofrichter & Patzner, 1997). Damit hat diese Geschichte um 1990 herum angefangen. Robert Hofrichter, der Gründer von MareMundi, widmete sich im Rahmen seiner Diplomarbeit und Dissertation mit großer Begeisterung der Erforschung dieser Fischfamilie, die auf Englisch „clingfish“ genannt werden, im Mittelmeer. Damals waren aus dem Mediterran insgesamt sechs Spezies bekannt, zwei aus der Gattung Lepadogaster, eine Art Diplecogaster, ein Apletodon, ein Opeatogenys und ein Gouania.
Schon vor 30 Jahren widmete sich im Rahmen seiner Diplomarbeit und Dissertation Robert Hofrichter, der Gründer von MareMundi, mit großer Begeisterung der Erforschung der Schildfische.
Robert machte sich daran möglichst alles über die Fische herauszufinden – allerdings wurde ihre Systematik und Taxonomie nur mit morphologischen und weiteren „traditionellen“ Methoden untersucht. Dennoch gelang es eine neue Art zu entdecken: Apletodon incognitus – ein Höhepunkt in der Laufbahn eines jeden Jungbiologen. incognitus erschien ein passendes Artbeiwort zu sein, denn erstens leben die Fische extrem kryptobenthisch und sind nur schwer zu finden (juvenile etwa unter Seeigeln versteckt) und zweitens hat man diesen Fisch generell mit einem anderen verwechselt (Diplecogaster bimaculata). Die Publikation ist hier abrufbar:
Für Robert Hofrichter war es eine wunderbare Zeit, an die einige digitalisierte alte Dias in diesem Beitrag erinnern. Er hatte bereits das Mittelmeer von West bis Ost sowie alle namhaften Naturkundemuseen besucht, um die konservierten Fische in den Sammlungen zu untersuchen. Viel geforscht hat er auch in Glavotok auf der Insel Krk, wo anfänglich auch die „Schule am Meer“ der Meeresschutzorganisation MareMundi angesiedelt war (erst später ist sie nach Punat übersiedelt).
Max Wagner bei der Untersuchung von Gouania an einem Strand in Peljesac, wo nicht nur zwei, sondern sogar drei Gouania Arten gleichzeitig zu finden sind. Darunter auch der nördlichste Nachweis von G. hofrichteri und auch der einzigste innerhalb des Adriatischen Beckens.
Bereits im Jahr 2008 stieß der damalige Gymnasialstudent Max Wagner und heutiges Vorstandsmitglied MareMundis zum Team. Bald schon begann er im Rahmen seiner vorwissenschaftlichen Arbeit die mediterranen Schildfische zu erforschen. Mit der von Robert, Max und Simon Brandl (mittlerweile Professor für Ökologie an der renomierten Texas State University) selbst entwickelten „weltberühmten Tellermethode“, bei der handelsübliche Teller verschiedener Größen und Formen am Riff ausgelegt wurden um Schildfische „anzulocken“, gelang etwa der Erstnachweis der Art Apletodon dentatus in der Adria.
Gouania hofrichteri ist da! Dankeschön an Maximilian Wagner (Uni Graz) und seine Kollegen!
Zwischenzeitlich ist Max Wagner ein international etablierter Schildfischforscher. Selbstverständlich arbeitet er im Rahmen des Teams der Universität Graz mit modernen molekularbiologisch-genetischen Methoden, und die machen spannende Neuentdeckungen möglich. Gerade eben ist die neue Publikation:
erschienen, und in ihr werden gleich fünf Spezies von Gouania neu beschrieben bzw. wiederentdeckt. Was auf den ersten Blick (und auch auf den zweiten) nach einer Art aussieht, ist in Wirklichkeit viel mehr. In seichtesten Kiesschichten der Mittelmeerküsten laufen evolutionäre Prozesse ab, die durchaus grundlegende Fragen aufwerfen: Wie passiert Artaufspaltung und warum? Warum kommen unterschiedliche Arten sympatrisch vor (das bedeutet, dass mehrere nah-verwandte Arten in engem Raum zusammen vorkommen)? Die Fische der Gattung Gouania sind wirklich unscheinbar, und kaum jemand würde sie ohne fachkundige Anleitung finden, doch ihre Evolution könnte uns künftig noch Hochspannendes enthüllen. Max Wagner und seine international vernetzten Kollegen arbeiten weiter fieberhaft an der Schildfischforschung und wir alle sind auf die nächsten spannenden Entdeckungen gespannt.
Durch Max Wagners Forschung ist 2020 für Robert Hofrichter ein weiterer Traum eines jeden Biologen in Erfüllung gegangen:
Eine neue Art wurde nach ihm getauft:
Gouania hofrichteri sp. nov. Wagner et al. 2020.
Wir gratulieren dem Erstbeschreiber und sagen: DANKE!
Bericht: Robert Hofrichter und Max Wagner
Redaktion: Helmut Wipplinger
Fotos: Robert Hofrichter und Max Wagner