Niederlassen einer Besiedelungsstruktur im Bereich des Krusja Kanals zwischen Plavnik und Cres / Foto: MareMundi
„Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg“, sagte einmal der berühmte Henry Ford.
Unsere Meeresschutzorganisation MareMundi ist glücklich, dass wir mit Greenpeace alle drei Schritte gemeistert haben und nun für große Ziele zusammenarbeiten dürfen. Wir sind stolz, dass eine so bedeutende Umweltschutzorganisation unsere Bemühungen für mehr Meeresschutz im Kvarner unterstützt! Details dazu finden sich auf der Webseite der Umweltstiftung Greenpeace.
Wie alles begann
Die Kvarner Bucht zwischen Istrien im Westen und dem Festland im Osten ist ein besonderes Meeresgebiet, eine Sackgasse des Weltmeeres mit der großen Hafenstadt Rijeka (historisch Fiume) und zahlreichen Inseln. Krk – die Heimatinsel des MMIK-Instituts von MareMundi – ist eine davon, gemeinsam mit Cres die größte Insel der Adria überhaupt. Es ist überraschend, dass sich ausgerechnet hier zwischen Plavnik und Cres die tiefste Stelle der gesamten Nordadria findet, der Krusija Kanal mit seinen 124 m.
Doch nicht genug damit, wir glauben, dass die Kvarner Bucht trotz starker anthropogen verursachter Negativeinflüsse auch ein Hotspot der Artenvielfalt ist und dass sie daher eine hohe Schutzwürdigkeit besitzt. Dass dort eine Population von Großen Tümmlern stationär lebt, im Frühjahr ab und zu ein Riesenhai “vorbeischwimmt”, verschiedenste weitere bedrohte Knorpelfische vorkommen, wertvolle corraligene Lebensräume zu bestaunen sind (aus Kalkrotalgen aufgebaute Habitate, die Korallenriffen ähneln) und sich noch Wiesen des Neptungrases befinden, einer endemischen ökologischen Schlüsselart des Mittelmeeres, sind nur einige wenige Argumente dafür, dass wir mit diesem sensiblen Lebensraum rücksichtsvoll umgehen müssen, um ihn auch für die Zukunft zu erhalten.
Und so hat MareMundi 2023 das Projekt mpa4kvarner ins Leben gerufen, den Plan, den kroatischen Behörden ein besser geschütztes Meeresschutzgebiet in der Kvarner Bucht vorzuschlagen.
Nun kommt wieder der Spruch von Henry Ford ins Spiel: Derart große Vorhaben lassen sich nur durch Kooperationen erreichen. Unser Projektkoordinator Dr. Rouven Metternich hat ein Jahr lang an dieser Zusammenarbeit gefeilt – nun ist sie Realität: Wir erforschen die Meeresregion mit Hilfe eines von der Greenpeace-Stiftung finanzierten ROVs („Unterwasserdrohne“, Roboter) und holen eDNA aus dem Meer, welche mit Hilfe der Universität Wien ausgewertet wird. So können wir uns ein besseres Bild davon machen, welche schützenswerten Arten und Lebensräume in der Meeresregion vorkommen.
Danke Greenpeace!
Die kroatische Adriaküste soll auch noch künftigen Generationen die volle Schönheit der Natur zeigen
Während die norditalienische Adria von kilometerlangen Sandstränden gesäumt ist, schreibt Greenpeace in seinem oben zitierten Bericht, zeigt sich gegenüber in Kroatien ein ganz anderes Bild: Hier ist die Küste gebirgig und wild zerklüftet, und Inseln aller Größen ragen aus dem türkisblauen Meer. Allein die Kalksteinfelsen bieten unzähligen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Zum Beispiel brütet in den Steilklippen der Inseln Cres und Plavnik der imposante Gänsegeier. Und unter Wasser setzt sich die imposante Landschaft fort. Sie ist bei Tauchern beliebt, da sie bunt und voller Leben ist. Doch Meeresbiologen wissen, dass auch scheinbar uninteressante Sand- und Schlammgründe genauso lebenswichtige Räume für die Biodiversität sind.
Die Kvarner Bucht könnte mit intensiveren Meeresschutzbemühungen auch künftig ein Hotspot der Artenvielfalt bleiben. Derzeit bedrohen vor allem industrielle Fischerei, Übernutzung durch den Massentourismus, sehr viel dadurch erzeugter (Unterwasser-)Lärm, die Einleitung großer Mengen ungeklärter Abwässer, die Verbauung küstennaher Lebensräume und viele weitere Faktoren das Naturparadies. Strände und Küsten ersticken in Plastikmüll. Die durch die Bautätigkeit verursachte Erosion schwemmt Erde ins Meer, was für viele Meeresorganismen verheerend ist.
Da der Druck auf die Umwelt und konkret auf das Meer von Jahr zu Jahr wächst, muss als Gegenpol mehr für den Meeresschutz getan werden. Das ist das Ziel von MareMundi, dem wir durch die freundliche Unterstützung von Greenpeace näher kommen.
„MPA 4 Kvarner“ und was sind „No-take-Zonen“
Unser Projektkoordinator Rouven Metternich erklärt, warum wir derzeit gute Chancen haben etwas zu erreichen: „Kroatien ist unter Zugzwang. Bisher sind weniger als ein Prozent seiner Hoheitsgewässer unter strengen Schutz gestellt, und die meisten Gebiete sind nur ,Paperparks‘, wo fast nichts reguliert und kontrolliert wird. Die Chancen stehen deswegen gut, weil nach dem Beschluss der UN-Biodiversitätskonferenz jeder Staat bis 2030 mindestens 30 Prozent seiner Land- und Meeresfläche als Schutzgebiete ausweisen muss. Genau hier soll das geplante Kvarner Schutzgebiet mit gutem Beispiel vorangehen.“
Wichtig dabei ist, dass zerstörerische Nutzungen wie nicht nachhaltige Industriefischerei verboten werden. In zwei vorgeschlagenen Kernzonen à 25 und 71 Quadratkilometer, sogenannten, „No-take-zones“ soll gar nicht gefischt werden. Eine dieser streng geschützten Gebiete wäre im bereits genannten Krusija-Kanal zwischen Plavnik und Cres. Denn die gesamte nördliche Adria ist sonst großräumig ziemlich flach, im Schnitt etwa 40 Meter, nur stellenweise etwas mehr. Erst im Süden bei Dubrovnik wird die Adria mit maximal 1.200 m ein wirklich tiefes Meer.
Farblich hervorgehoben sind die geplanten no-take-Zonen ersichtlich: eine im Bereich des Krusja Kanals zwischen Plavnik und Cres, die andere um die ehemaligen Gefängnis-Inseln etwas südlich von Krk / Foto: MareMundi
Bevölkerung mit ins Boot holen
Eine der wichtigsten Aufgaben von MareMundi ist es, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es auch um ihr Wohl geht. Niemand möchte jemandem etwas wegnehmen, sondern eher tolle Chancen schenken. Um ein Schutzgebiet zu etablieren, braucht es eine breite Akzeptanz der hier lebenden Menschen, der Interessensgruppen, der Behörden. Deshalb ist Öffentlichkeitsarbeit neben der wissenschaftlichen Erforschung des Gebiets die zweite Säule des Projekts. Viele örtliche Akteur:innen sollen in den Projektprozess eingebunden werden, zudem plant MareMundi eine Fotoausstellung mit Präsentation erster Forschungsergebnisse in Krk und will verschiedene Interessengruppen wie Touristik und Fischerei individuell ansprechen und informieren. Das Team rechnet mit Vorbehalten gegen die Schutzpläne, etwa seitens der lokalen Fischer:innen, hat aber überzeugende Argumente parat: „Bis auf die Kernzonen soll handwerklicher Fischfang unter Auflagen ja weiterhin erlaubt sein“, sagt Rouven Metternich. Und: „Ein gesundes Ökosystem zahlt sich für die Fischer:innen langfristig aus, denn sobald sich die Fischbestände erholen, wird auch weit über das Schutzgebiet hinaus wieder mehr in den Fischernetzen landen. Das zeigen vielerlei Beispiele und Studien aus aller Welt!“ Die Tourismusbranche könnte ebenfalls profitieren – mit nachhaltigen Konzepten, die den sagenhaften Naturreichtum der Kvarner Bucht in den Fokus rücken.
Es gibt viele Möglichkeiten, das Projekt zu unterstützen. Melde Dich gerne bei uns, wenn auch Du einen Beitrag dazu leisten willst.
Und noch einmal: Vielen Dank, Greenpeace!
Hoffentlich werden auch in Zukunft Entdeckung und Forschung durch die Kooperation vorangetrieben, und Beobachtungen wie jene mittels ROV weiterhin möglich sein – im Bild: junger Katzenhai und üppiger Bewuchs des Coralligène / Fotos: MareMundi
Bericht: Robert Hofrichter
Redaktion: Julian Robin
Fotos: MareMundi
Veröffentlicht am 16.07.2024