Viele Menschen glauben, dass die nördliche Adria aufgrund von Umweltverschmutzung und Überfischung schon völlig tot ist. Doch durch unsere Aktivitäten über viele Jahrzehnte auf Krk, wissen wir, dass das Meer hier im Herzen der Kvarnerbucht trotz aller äußeren Umstände noch sehr schützenswert ist. Wir sind überzeugt, dass sich bei entsprechender Schonung die Fischbestände und auch der gesamte Artenreichtum in Zukunft erholen können. Daher haben wir eine Initiative zur Etablierung eines Meeresschutzgebietes gestartet. Aber das schaffen wir nicht allein. Wir brauchen auch Eure Hilfe!

Tec-Diver im Krusija-Kanal untersuchen einen Geweihschwamm, Foto: Chris Hölzl

Tec-Diver von MareMundi in den Tiefen des Krusija-Kanals untersuchen einen Geweihschwamm der Gattung Axinella. Derartige Tauchgänge mit speziellen Gasgemischen sind technisch und finanziell aufwendig. / Foto: Chris Hölzl

Warum gerade jetzt unsere verstärkte Initiative für mehr Meeresschutz?

Sonnenaufgang über dem sogenannten Mittleren Tor zwischen den Inseln Krk und Cres. Südlich davon liegt der Krusija-Kanal mit der tiefsten Stelle der gesamten nördlichen Adria (125 m). Foto: Robert Hofrichter

Sonnenaufgang über dem sogenannten Mittleren Tor zwischen den Inseln Krk und Cres – auch dieses Meeresgebiet soll künftig verstärkten Schutz erfahren. Südlich davon liegt der Krusija-Kanal mit der tiefsten Stelle der gesamten nördlichen Adria (125 m). Hier hat MareMundi das Forschungsprojekt Go Deep gestartet. / Foto: Robert Hofrichter

Schutzgebiete sind das wirksamste Mittel überhaupt gegen Überfischung und Artensterben. Im Meeresschutzgebiet erholen sich die Bestände. Sie breiten sich von dort auch wieder in Gebiete aus, wo sie schon verschwunden waren.
Die Vereinten Nationen haben deshalb vereinbart, dass bis zum Jahr 2030 insgesamt 30 % der weltweiten Meeresfläche unter Schutz gestellt werden sollen. Dieses 30×30-Projekt unterstützen wir mit allen Kräften.
Jetzt kommt es auf die Umsetzung an: Wir wollen, dass die Kvarner Bucht in der Nordadria Teil des weltweiten Netzwerks von neuen Schutzgebieten wird. Ein Teil der Bucht soll MPA werden! Seit dem Jahresbeginn 2023 arbeitet MareMundi an konkreten Plänen, die wir bald den kroatischen Behörden übergeben werden.

Kroatien hat enormen Nachholbedarf

Wander-Fadenschnecke (Cratena peregrina) auf einem Meerball (Codium bursa, eine Grünalge), dahinter der Goldschwamm (Aplysina aerophoba). / Foto: Robert Hofrichter

Wander-Fadenschnecke (Cratena peregrina) auf einem Meerball (Codium bursa, eine Grünalge), dahinter der Goldschwamm (Aplysina aerophoba). / Foto: Robert Hofrichter

Kroatien hat als relativ junges EU-Land noch beträchtlichen Nachholbedarf, was die international vereinbarten Umweltziele betrifft. Beim Meeresschutz gibt es viel zu tun: Aktuell ist weniger als ein Prozent der Meeresfläche in kroatischen Hoheitsgewässern Schutzzone (Stand Oktober 2023). Die Realität sieht noch schlechter aus: Die meisten Gebiete sind nur “auf dem Papier geschützt“, oft wissen nicht einmal die Einheimischen von diesen “Schutzgebieten“ vor ihrer Haustür. In Wahrheit setzt den Schutz dort niemand um.
Ein wesentlicher Teil unserer Aufgabe besteht darin, die Menschen zu überzeugen, dass die Schutzgebiete für niemanden Nachteile bringen, sondern allen Vorteile. Bereits kurzfristig, im Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren, können Fischer von den erholten Beständen profitieren.
Glücklicherweise existieren in Kroatien bereits positive Beispiele der engen Kooperation des Meeresschutzes (auch von No-Take-Zonen) mit der Fischerei, die nun auch im Kvarner „Schule machen“ sollen.

Zwei No-Take-Zonen erforderlich

Das Team von MareMundi unterwegs in der Kvarner Bucht. Unser Ziel: Das Meer intensiver erforschen, durch die Schaffung eines Meeresschutzgebiets mehr für die ökologische Erhaltung der Adria tun! / Foto: Robert Hofrichter

Das Team von MareMundi unterwegs in der Kvarner Bucht. Unser Ziel: Das Meer intensiver erforschen, durch die Schaffung eines Meeresschutzgebiets mehr für die ökologische Erhaltung der Adria tun! / Foto: Robert Hofrichter

Damit ein Meeresschutzgebiet ökologische Verbesserungen herbeiführen kann, braucht es sogenannte No-Take-Zonen: Gebiete, in denen keinerlei Fischerei stattfindet und auch darüber hinaus dem Meer nichts von seinen Ressourcen entnommen wird. Wo diese Zonen liegen müssen, richtet sich nach den natürlichen Gegebenheiten: Wir müssen gezielt die artenreichsten und wertvollsten Lebensräume schützen.
Wir wollen die ganze Kvarner Bucht zu einer „Marine Protected Area“ machen, in der spezifische Umweltregeln gelten. In zwei kleinen Teilgebieten, den No-Take Zonen, soll Fischerei verboten sein.

Grundproblem ist die Diskrepanz zwischen der Toleranz des Papiers und der Lebensrealität

Blick vom Süden der Insel Krk in den sogenannten Kvarnerić (Quarnerolo), den südlichen Teil der Kvarner Bucht. Einer der Vorteile einer Marine Protected Areas in dieser Meeresregion wäre, dass auch die angrenzenden Küstengebiete und Inseln ökologisch wertvoll sind, eine besondere Fauna und Flora beherbergen und zum großen Teil bereits als Natura 2000-Regionen deklariert sind. Intak-te Lebensräume und Schutzgebiete ziehen viele Touristen an, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch: Die örtliche Bevölkerung muss von den Naturschutzmaßnahmen auch profitieren, um ihre Akzeptanz zu erhöhen. / Foto: Maria Hofrichter

Blick vom Süden der Insel Krk in den sogenannten Kvarnerić (Quarnerolo), den südlichen Teil der Kvarner Bucht. Einer der Vorteile einer Marine Protected Areas in dieser Meeresregion wäre, dass auch die angrenzenden Küstengebiete und Inseln ökologisch wertvoll sind, eine besondere Fauna und Flora beherbergen und zum großen Teil bereits als Natura 2000-Regionen deklariert sind. Intak-te Lebensräume und Schutzgebiete ziehen viele Touristen an, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch: Die örtliche Bevölkerung muss von den Naturschutzmaßnahmen auch profitieren, um ihre Akzeptanz zu erhöhen. / Foto: Maria Hofrichter

Meeresschutzgebiete und auch Meeresnationalparks gibt es im Kroatien mehrere, dazu jede Menge NATURA 2000-Gebiete und weitere Schutzgebiete. Das Problem ist die wirkliche Umsetzung der guten Vorhaben. In sehr vielen Gebieten funktioniert es entweder gar nicht oder nur sehr schlecht. Unser MareMundi-Projekt in der Kvarner Bucht zielt auf ein real existierendes, praktisch umgesetztes, weitgehend akzeptiertes und auch streng kontrolliertes Schutzgebiet.

Wir sind nicht gegen die Fischer und auch nicht gegen den Tourismus

  • Die hohe Biodiversität der Küstenlebensräume – wie in der Kvarner Bucht noch vielerorts gege-ben – erhöht die Schutzwürdigkeit und Attraktivität eines Meeresschutzgebiets. / Fotos: Robert Hofrichter
  • Die hohe Biodiversität der Küstenlebensräume – wie in der Kvarner Bucht noch vielerorts gege-ben – erhöht die Schutzwürdigkeit und Attraktivität eines Meeresschutzgebiets. / Fotos: Robert Hofrichter

Die hohe Biodiversität der Küstenlebensräume – wie in der Kvarner Bucht noch vielerorts gegeben – erhöht die Schutzwürdigkeit und Attraktivität eines Meeresschutzgebiets. / Fotos: Robert Hofrichter

MareMundi und sein Projekt sind realistisch: Wir wissen, dass Fischerei und Tourismus wichtige Einkommensquellen für Kroatien sind und dass sie in der Kvarner Bucht viele Arbeitsplätze schaffen. Auch zukünftig soll Fischerei in der Kvarner Bucht möglich sein – bis auf zwei kleine, eng umschriebene No-Take-Zonen. Außerhalb dieser Kerngebiete sollen bestimmte Regeln gelten, so dass eine nachhaltige und zukunftsorientierte ökologische Entwicklung möglich ist.

Eure Hilfe zählt!

Pläne in dieser Größenordnung können nur gemeinsam gelingen. Ein funktionierendes und juristisch wie auch ökologisch abgesichertes Meeresschutzgebiet, der Stolz einer Region und eines Landes, kann nur existieren, wenn es von allen Seiten unterstützt wird. Allen voran von der örtlichen Bevölkerung und allen relevanten gesellschaftlichen Kräften (z. B. Fischerei, Tourismus), dann von den Gesetzgebern des Landes, also von den staatlichen Behörden & Ministerien und von breiten Bevölkerungsschichten. Doch auch von der internationalen Gemeinschaft.
Millionen Menschen besuchen diese Meeresregion und machen dort Urlaub – es geht also auch um ihre Interessen und die ihrer Kinder und Enkel. Es braucht bei der Umsetzung ebenso viel moralische wie auch finanzielle und praktische Unterstützung. Naturschutz geht vor Profit hat die UNO festgehalten. Es muss uns bewusst sein: Der Profit ohne Umweltschutz wäre nur sehr kurzlebig. Ein totes, leergefischtes, vergiftetes und verschmutztes Meer ohne Biodiversität würde niemanden mehr anlocken. Der Profit der Zukunft würde in absehbarer Zeit dahinschwinden.
Ein ökologisch gesundes Meer wird hingegen auch noch in Generationen Gäste anlocken. Umweltschutz ist eine Investition in die Zukunft!

  • Mönchrobbe. Foto: Gerald Roger Hau
  • Delfine. Foto: Robert Hofrichter
  • Delfine. Foto: Robert Hofrichter

Zu den faszinierendsten Bewohnern eines möglichen künftigen Meeresschutzgebietes im Kvarner gehören Meeressäuger wie Große Tümmler (Tursiops truncatus). Ein Teil der Population hält sich auch im Winter hier auf, noch viel mehr Tiere besuchen die Region in der wärmeren Jahreszeit. Sogar die vom Aussterben bedrohte Mönchrobbe (Monachus monachus) kommt vereinzelt rund um Istrien und auch bei Cres noch vor. Manche Küstenabschnitte des Kvarners würden dieser charismatischen Art passende Lebensräume bieten. / Fotos: Gerald Roger Hau (Mönchrobbe), Robert Hofrichter (Delfine)

Wissenschaftliche Forschung durch das Projekt „Go deep“ stützt das MPA-Projekt

Was lebt in der Kvarner Bucht und wie schützenswert ist es? Taucher- und Forscherteams von MareMundi untersuchen die Region bis in seine größten Tiefen von 125 m. Die tiefste Stelle der gesamten Nordadria liegt im Krusija-Kanal zwischen den Inseln Plavnik und Cres. Studierenden und Wissenschaftlern bietet das MareMundi Institut Krk gute Möglichkeiten für ihre Forschun-gen. / Foto: Robert Hofrichter

Was lebt in der Kvarner Bucht und wie schützenswert ist es? Taucher- und Forscherteams von MareMundi untersuchen die Region bis in seine größten Tiefen von 125 m. Die tiefste Stelle der gesamten Nordadria liegt im Krusija-Kanal zwischen den Inseln Plavnik und Cres. Studierenden und Wissenschaftlern bietet das MareMundi Institut Krk gute Möglichkeiten für ihre Forschungen. / Foto: Robert Hofrichter

Seit Jahresbeginn 2023 erforscht MareMundi den Krusija-Kanal zwischen den Inseln Cres und Plavnik mit Messreihen und Tauchgängen (mehr Infos hier). Das Projekt bietet Platz für Studienarbeiten am MareMundi-Institut, Gastforscher/innen finden ideale Bedingungen.
Informiert Euch dazu gerne bei uns!

Jede/r kann zum Erfolg beitragen

Naturschutzgebiete bieten einen passenden Rahmen für Schulprojektwochen, Exkursionen und allgemein nachhaltigen Tourismus, um junge Menschen für mehr Umweltschutz zu begeistern. Er ist in der heutigen Zeit alternativlos. / Foto: Robert Hofrichter

Naturschutzgebiete bieten einen passenden Rahmen für Schulprojektwochen, Exkursionen und allgemein nachhaltigen Tourismus, um junge Menschen für mehr Umweltschutz zu begeistern. Er ist in der heutigen Zeit alternativlos. / Foto: Robert Hofrichter

Wir lassen uns durch die hohen Kosten eines solchen Vorhabens wie auch den enormen Arbeitseinsatz, der geleistet werden muss, nicht abschrecken! Ganz im Gegenteil: Wir haben ein Netzwerk von Helfenden und Unterstützenden geschaffen. Unter Führung unseres Projektkoordinators Dr. Rouven Metternich arbeiten kroatische und internationale Expertinnen und Experten, NGOs, Institutionen, Völkerrechts-Juristen und Alleinkämpfer zusammen, um ein Meeresschutzgebiet zu schaffen.
Werde auch Du Unterstützer/in!
Finanzielle Hilfe brauchen wir genauso wie Hilfestellung bei Recherchen und bei der praktischen Umsetzung.

Kontakt:
Dr. Rouven Metternich, Projektkoordinator, rouven.metternich@mare-mundi.org
und office@mare-mundi.org



Bericht: Dr. Robert Hofrichter
Redaktion: Christina Widmann, Heiko Gothe
Fotos: Chris Hölzl, Gerald Roger Hau, Robert und Maria Hofrichter

Veröffentlicht am 02.12.2023