
Ein neues Buch des MareMundi-Mitstreiters Rouven Metternich greift die großen Fragen des Lebens an: Woher kommen wir, die Sterne, die Materie, das Leben, eigentlich alles, was wir rund um uns sehen und wahrnehmen?
In Zeiten eines wachsenden Fundamentalismus verschiedenster Ausrichtungen und Kreationismus steuert Rouven Metternich mit Naturwissenschaft dagegen. Er spannt den Bogen wortwörtlich von A bis Z, oder sagen wir lieber von Alpha bis Omega, indem er mit dem „Tag ohne gestern“ beginnt (Urknall und was mit ihm zusammenhängt), mit der „Geburt denkender Materie“ weitermacht und mit uns Menschen finalisiert.
Dazu ein Gespräch zwischen Rouven und Robert:
Nimmst du den weltweiten Vormarsch verschiedener Fundamentalisten wahr? Auch in Bezug auf die Evolution und ein eigentlich antiwissenschaftliches, nicht rationales Weltbild?
Rouven antwortete:
Leider nehme ich diese Verschiebungen sehr deutlich wahr. Auch wenn ich mir diese Entwicklung nicht erklären kann: Schließlich ist die Wissenschaft die einzige Möglichkeit, das Wesen unseres Universums und die darin enthaltenen Wunder wirklich zu begreifen. Unsere Spezies hat die einmalige Möglichkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen. Leider fehlen gerade heute große wissenschaftliche Kommunikatoren wie beispielsweise Carl Sagan, Richard Dawkins (der doch in die Jahre kommt) oder ein Stephen Hawking (der bereits von uns gegangen ist) schmerzhaft.
Dem kann man nur zustimmen. Die Wissenschaft hat es in Zeiten wie diesen nicht leicht. Nicht nur in den USA sind Fundamentalisten (bis zu den „Flacherdlern“), welche die Welt auf ihre Art erklären wollen, auf dem Vormarsch. Auch in Europa breiten sich irrationale Weltbilder massiv aus. Das geht dank Internet besser denn je zuvor – doch auch durch die massive politische Lobbyarbeit verschiedener Gruppen, die versuchen, ihre Lehrinhalte in den schulischen Biologieunterricht einzubringen. Solche Kreise stellen die Evolution als unbewiesene und spekulative Theorie dar und behaupten, dass die Wissenschaft die Schöpfungslehre nicht ausreichend widerlegt hat.
Nun, Wissenschaft entwickelt sich von Tag zu Tag weiter. Niemand behauptet, dass die Wissenschaft heute alles genau erklären kann, vielmehr ist sie auf dem Weg dorthin, immer mehr zu erklären und zu verstehen. Das ist ein großer Unterschied. Wenn sich die Wissenschaft selbst korrigiert, tut sie es freiwillig und mit Freude, um weiter zu kommen. Korrekturen sind keine Zeichen der Schwäche, ganz im Gegenteil, vielmehr sind sie Zeichen der Stärke.
Ich möchte ein Beispiel nennen: In der letzten Zeit hört man immer wieder kosmologische Zweifel darüber, ob der Urknall die letztgültige Erklärung des Universums liefert. Er könnte aber „nur ein Teil eines Zyklus“ sein und damit nur ein Kapitel einer viel größeren Geschichte. Oder: Unser gesamtes beobachtbares Universum könnte sich innerhalb eines Schwarzen Lochs befinden.
An dieser Stelle werden wir die Frage mit Sicherheit nicht lösen können, aber die Lektion daraus lautet: bleiben wir offen! Das Wesen der wahren Wissenschaft ist es, weiter zu kommen und die Dinge besser zu verstehen. Rouven Metternich macht in seinem Buch genau das: Er unternimmt den ehrgeizigen Versuch, den Stand unseres Wissens über das Universum, über die Materie, Energie, das Leben, die DNS und hunderte andere Dinge zusammenzufassen.
Das ist nicht Dein erstes Buch, oder?
Nein, ich habe tatsächlich bereits ein Buch mit dem Titel „Panta Rhei – Eine Reise auf dem Fluss der Evolution“ geschrieben. Hier habe ich versucht, unsere heutigen Erkenntnisse über die Erdgeschichte und die makroskopischen evolutionären Übergänge mit dem Wissen der molekularen Genetik zu verbinden. Durch diese Verbindungen habe ich versucht, ein vollständiges Bild zu erzeugen, welches unser heutiges Wissen über das Wesen der belebten Natur und ihres evolutiven Charakters darstellt.
Ganz offensichtlich interessierst du dich (wie es sich für einen Biologen gehört) für Evolution, denn der Begriff kommt in beiden Buchtiteln vor …
Ja, Evolution hat für mich tatsächlich einen ganz besonderen Stellenwert bei der Betrachtung der Natur. Denn nur durch ihre Erforschung können wir die uns umgebende Natur wirklich begreifen. Es ist bedauerlich, wie wenig Menschen über dieses universelle Naturgesetz wissen – trotz des uns zur Verfügung stehenden Wissensschatzes.
Hat der Unterricht der Evolution deiner Meinung nach einen ausreichenden Stellenwert in unserem Bildungssystem, oder könnte man da etwas nachbessern? Könnte das der um sich greifenden Feindlichkeit gegenüber der Wissenschaft etwas entgegensetzen?
Leider nimmt die Evolution einen viel zu geringen Raum in unserem gesamten Bildungssystem ein – und das weit über die Biologie hinaus! Denn die Evolution ist eine alles miteinander verbindende Kraft sowohl innerhalb der belebten als auch der unbelebten Natur. Schließlich ist es nicht zu leugnen, dass innerhalb unseres Universums (und damit auch innerhalb der Naturwissenschaften) eine ununterbrochene Entwicklung abläuft. Nichts bleibt wie es ist. Damit eignet sich gerade die Evolution als Brücke zwischen den unterschiedlichen Disziplinen innerhalb der modernen Naturwissenschaften. Hier müsste man einen wirklichen holistischen Ansatz vorantreiben, der ein realistisches Verständnis unserer Welt erst ermöglicht. Gerade Kinder sind hier besonders begeisterungsfähig, wenn ihnen die Chance gegeben wird, etwas wirklich zu verstehen und sie nicht nur mit dem Auswendiglernen zusammenhangloser Daten beschäftigt werden. Wenn man also die Begeisterungsfähigkeit und natürliche Neugierde unserer Kinder fördern würde, würde auch ohne Zweifel die Naturwissenschaft diesen gesellschaftlichen Verschiebungen etwas entgegensetzen können.
Wenn man sich mit Evolution und Darwinismus befasst, muss man sich auch philosophischen Fragen widmen. Immerhin gibt es viele Dinge, die man sich auch als Naturwissenschaftler nicht vorstellen kann. Was war vor dem Urknall? Warum hat sich aus einer Explosion diese Ordnung mit Naturgesetzen entwickelt? Wie ist Leben entstanden? Warum ist es nicht bei Pflanzen oder Tieren geblieben, etwa Robben, Elefanten oder Affen? Warum musste sich am Ende eine menschliche Bewusstseinsebene entwickeln, die in der Lage ist, zu reflektieren und all das zu erfassen?
Zweifelsohne gehören philosophische Fragen und Denkansätze mit zum Kerngeschäft der Naturwissenschaft, schließlich hat sich auch die moderne Naturwissenschaft aus der Naturphilosophie heraus entwickelt. Auch heute noch liegt das Gebiet, in dem sich Wissenschaftler bewegen, zwischen dem, was wir bereits wissen und dem noch Unbekannten. Das verbindet uns auch heute noch mit den ersten Naturphilosophen. Wir können zwar heute mit erstaunlicher Genauigkeit sagen, welche Naturkräfte unser Universum zusammenhalten und sogar wie stark sie sind, doch warum wir in einem Universum mit genau diesen universellen Kräften leben, wissen wir noch nicht. Zwar wird darüber naturgemäß viel spekuliert und es gibt einige interessante Theorien, aber auf diesem Feld müssen sich noch zukünftige Wissenschaftler unter Beweis stellen. Wir wissen freilich nicht alles, doch ist es über die Maßen erstaunlich, was wir heute alles über unser Universum erzählen können, sei es über die physikalischen Abläufe in den unbegreiflichen Weiten des Universums oder über das biologische Leben hier auf der Erde.
Die Wissenschaft ist gewissermaßen eine Resonanz zwischen der Aktivität unseres Gehirns und dem Uhrwerk des Universums. Dank ihr wissen wir, dass wir unseren Kosmos (vielleicht erst in der Zukunft) verstehen können. Die Tatsache, dass unsere Fähigkeiten durch das Zusammenspiel universeller Naturkräfte entstehen konnte, ist nur noch umso erstaunlicher.
Soweit also einige Gedanken des 1987 geborenen Buchautors, Biologen, Genetikers und Meeresschützers. Bei MareMundi setzt er sich intensiv für ein zu schaffendes Meeresschutzgebiet in der Nordadria ein, das Projekt mpa4Kvarner . Das hier vorgestellte Buch endet mit einem äußerst motivierenden Zitat von Albert Einstein: „Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder“. MareMundi hat sich immer schon der Meinung angenommen, dass nicht nur das Leben, sondern „alles ein Wunder“ ist. Und aus diesem Grund wollen wir Rouvens Buch wärmstens als Lektüre empfehlen.
Rouven Metternich (2025): Verwobene Evolution: Die gemeinsame Geschichte von Universum und Leben. Novum Verlag, 278 Seiten. Taschenbuch, ISBN 978-3-7116-0873-4.
Das Buch kann überall im Buchhandel und Internet bestellt werden.
Bericht: Robert Hofrichter
Redaktion: Evelyn Gruber, Helmut Wipplinger
Fotos: Verlag Novum / Rouven Metternich
Veröffentlicht am 30. 9. 2025
