In einer Serie von vier Beiträgen widmeten wir uns der „Geschichte eines Instituts“. Einer, der viel darüber erzählen kann, weil er bereits seit 2007 „zur Familie“ gehört, ist Gerald Blaich, besser bekannt als Geri. In diesem Beitrag erinnert er sich wie alles begann …

Es muss wohl im Jahr 2007 gewesen sein, als ich von einem Freund erfuhr, dass ein Salzburger Biologe namens Robert Hofrichter eine Exkursion ins Donaudelta plant und noch Plätze frei wären. Ich war gleich Feuer und Flamme, da das Donaudelta schon längst auf der Liste meiner Sehnsuchtsorte stand. In der Gesellschaft von fröhlichen Menschen aus verschiedenen Disziplinen der Biologie fühlte ich mich gleich wohl. In kürzester Zeit wurde konzentriertes Wissen über diesen unvergleichlichen Lebensraum vermittelt, welches man sich selbst nur mühsam aneignen könnte. Dazu kam die gelöste Stimmung am Hausboot. Bei frisch gefangenem Wels und nicht zu wenig Bier unterhielt der Wiener Biologieprofessor Walter Hödl, ein allseits bekannter guter Erzähler, die ganze Runde bis tief in die Nacht hinein, wobei auch das Wienerlied nicht zu kurz kam.

Eines Abends mussten wir nach einer Wanderung lange auf unser Beiboot warten, das uns abholen und zum Hausboot bringen sollte. Wir saßen mit Robert auf einem Damm, vor uns ein Arm des Donaudeltas, hinter uns eine endlose Weite mit unzähligen Pferden. Bald entwickelte sich ein fachlich-zoologisches Gespräch über die Systematik des Tierreichs. Dabei bemerkte ich, dass Robert als Zoologe voll in seinem Element war, während mir einige Lücken in meinem taxonomischen Wissen bewusst wurden. Tja, mein Zoologieunterricht war schon einige Jahre her … Mit unendlicher Geduld und leuchtenden Augen erklärte mir Robert die wesentlichen Grundzüge des Lebensbaums, bis wir am Ende von der Weinbergschnecke beginnend bis zur Katze und von der Domäne abwärts bis zur Unterart alles durchspielten. Als uns das Boot endlich abholte, war ich beeindruckt, mit wie viel Zeit und Hingabe sich dieser Robert um mein Laienwissen annahm. Das wurde zum Beginn einer langen Freundschaft – genauer gesagt, einer Bruderschaft.

Die Folge davon war, dass ich bereits 2008 bei seinen meeresbiologischen Wochen in Glavotok schon wieder dabei war. Da ging es bereits um das Mittelmeer und nach und nach wurde mir bewusst, dass sich mein neuer Freund wie verbissen für die Fertigstellung eines Standardwerks über das Mittelmeer einsetzte. MareMundi hat damals bereits seit vier Jahren existiert. Es waren auch einige andere Interessierte gekommen und lauschten am Campingplatz Glavotok Roberts Ausführungen. Dazu zählte auch ein bemerkenswerter Mann namens Waki, von dem man im ersten Moment annahm, dass er Inder war, obwohl er ein waschechter Wiener ist. Sein echter Name ist Peter Appelius, und er sollte bis heute ein treuer Freund bleiben.

Man gab sich einem mediterran-genüsslichen, aber zugleich auch intellektuell-philosophischen Lebensrhythmus hin. Ein Bild blieb in meiner Erinnerung haften: Robert saß im Schatten einer Kiefer mit einem Bestimmungsbuch auf den Knien, den Blick aufs blaue Meer in Richtung Cres gerichtet. Mit der ihm eigenen Empathie brachte er seinem Zuhörerkreis die Lebewesen der Adria und die Ökologie des Litorals näher. Dieses Bild steht für mich als Vision, Urkeim und Grundbaustein der späteren „Schule am Meer“ und des heutigen Instituts (MMIK) auf Krk fest. Bereits damals war unser Max (Maximilian Wagner) dabei und an allem sehr interessiert und engagiert. Heute leitet er in unserem Vorstand den Bereich Wissenschaft und Forschung.

Robert beim Unterricht im Freilandklassenzimmer / Foto: Gerald Blaich

Eines Tages in Malinska kamen wir wieder einmal auf Roberts beide Bände „Das Mittelmeer“ zu sprechen (Band I war 2001 erschienen, Band II dann 2003). Ich erfuhr damals, dass dieser ominöse Band III noch umfangreicher sein sollte als alle anderen und entscheidend in seinem Inhalt, weil er die Chordatiere bzw. Wirbeltiere behandeln sollte. Aber es haperte an der Finanzierung der finalen Schritte der Veröffentlichung. So schlummerte dieses Projekt in den Tiefen von Roberts Computerfestplatten vor sich hin. MareMundi wurde eigentlich ins Leben gerufen, um dieses Projekt erfolgreich beenden zu können. Da ich die ersten beiden Bände von „Das Mittelmeer“ bereits verschlungen hatte, wurde ich nervös. „Robert, was du da an Wissen zusammengetragen hast, ist ein Erbe der Menschheit, das muss veröffentlicht werden“ meinte ich. In meiner Begeisterung und Naivität erklärte ich, dass ich für die Finanzierung einen sehr reichen Bekannten mit großer Liebe fürs Meer hätte. Robert war natürlich gleich Feuer und Flamme, weniger mein reicher Bekannter. Trotz großer Anerkennung war ihm die Summe zu hoch.

Außerdem begann sich neben dem Buchprojekt die „Schule am Meer“ als davon unabhängiges Projekt zu entwickeln, zuerst in Glavotok, später in Punat. Wie konnte es nur aber mit dem Band III von „Das Mittelmeer“ weitergehen, fragte ich mich. Da ich einige Erfahrung bei Vereinsgründungen mitbrachte, war es naheliegend eine passende Rechtsform für MareMundi zu suchen und einen Trägerverein für das neue Mittelmeerbuch zu etablieren. Und so wurde die deutsche gemeinnützige GmbH MareMundi aufgelöst und ein gleichnamiger österreichischer Verein gegründet. Seinen 15-jährigen Geburtstag feiern wir in diesem Jahr 2025.

In diesen Jahren liefen beide Projekte parallel: Im Mai, Juni und September fand die „Schule am Meer“ statt, doch das Hauptziel, das wir mit Robert verbissen verfolgten, blieb weiterhin „Das Mittelmeer“. Zu Beginn war ich für das Fundraising zuständig. In guter Erinnerung sind mir die „Mittelmeerbausteine“, welche Förderer erwerben konnten. Bald war die Anstellung einer ersten Sekretärin des Vereins, Petra, möglich. In der Zwischenzeit erlebten Roberts meeresbiologische Wochen immer mehr Zulauf und ab 2013 stieß Alexander Heidenbauer zu uns, der sich immer intensiver für die Organisation des Schulbetriebs einsetzte und es noch bis heute tut.

Schließlich haben wir die Vision des Mittelmeerwerks aus praktischen Gründen aus dem Verein ausgegliedert, aber 2020 erschien bei Springer immerhin das Megawerk „Das Mittelmeer – Geschichte und Zukunft eines ökologisch sensiblen Raums“ mit fast 1.300 Seiten. Nein, den angestrebten Bestimmungsführer für Chorda- bzw. Wirbeltiere haben wir trotz vieler Bemühungen nicht geschafft, nur die Zukunft weiß, ob es noch etwas wird. Doch aus MareMundi wurde ein richtiger und wichtiger Meeresschutzverein, auf den der ganze Vorstand, unsere Mitarbeiter:innen, Freunde- und Unterstützer:innen sehr stolz sind. Die vielen Fotos in der Artikelserie zu unserem Vereinsgeburtstag sprechen Bände. Viele Ehrenamtliche und ein unermüdlich arbeitender Vorstand blicken gespannt weiteren positiven Entwicklungen entgegen.

Und so stehen wir heute immer wieder vor neuen Herausforderungen, den Blick stets auf die Zukunft der Meere und der Menschen gerichtet.

Impressionen aus vergangenen Zeiten: Robert und Geri in den Anfängen der „Schule am Meer“, (großteils) begeisterte Schüler:innen bei den Schulkursen, ausgelassene Feierabend-Picknicks und eine innige Liebe zum Mittelmeer, die bis heute anhält. / Fotos: Gerald Blaich



Bericht: Gerald Blaich
Redaktion: Robert Hofrichter, Julian Robin
Fotos: Gerald Blaich

Veröffentlicht am 06.04.2025