Der junge Robert Hofrichter in voller Tauchmontur bei Glavotok, Insel Krk, 1994 / Foto: Robert Hofrichter

Dieser dreiteilige Fotobericht, dessen ersten Teil wir heute veröffentlichen, bietet nostalgische Einblicke in die Entstehungsgeschichte von MareMundi und seines MMIK-Institus auf Krk, das früher den Namen „Schule am Meer“ trug.

Robert erinnert sich …

Ich sitze zufrieden im Schatten einer Steineiche in Brzac auf Krk. Zwar ist noch meteorologischer Winter, aber die Schmetterlinge fliegen bereits, die Vögel zwitschern und viele Blumen stecken ihre Köpfe aus dem Boden. Mediterraner Winter eben. Gestern war ich in Punat. Ich parkte mein Auto vor dem weißen Schild mit dem blauen Schriftzug: „MMIK – MareMundi Institut Krk. Zentrum für Umweltbildung und Meeresschutz.“ Derselbe Untertitel steht auch auf Kroatisch darauf: „Centar za edukaciju o okolišu i zaštiti mora.” Seit einem Jahr steht unser Schild hier, und ein bisschen stolz darf ich, glaube ich, sein. Es war ein langer und manchmal verworrener Weg bis zu diesem modernen, geräumigen Institut. Eine Auswahl alter Fotos soll euch auf eine Zeitreise durch die Geschichte des heutigen MMIK führen.

Im Dezember 2022 wurde ich 65 Jahre alt. Diese Zahl kann ich auch nicht fassen. Mehr als die Hälfte dieser Jahre habe ich als Student der Biologie und dann als studierter Zoologe und Meeresbiologe in einem bunten, vagabundierenden Leben verbracht. Diese Laufbahn war schon recht früh vorgezeichnet: Bereits mit etwa acht Jahren habe ich in einem Gurkenglas mein erstes Aquarium eingerichtet und das aquatische Leben im Gartenteich studiert. Meiner Oma und anderen Damen habe ich mit Schlangen, Eidechsen, Nacktschnecken, Käfern und anderem Getier Angst eingejagt. In jeder Hosentasche war irgendetwas. Mit zehn Jahren verbrachte ich bereits den ganzen Tag schnorchelnd im Meer. Das war in Rovinj, in Istrien. Und mit 15 Jahren unternahm ich die ersten Tauchversuche mit einer Pressluftflasche, die einen einzigen Schlauch mit der Luft und dem Atemregler hatte (kein Finimeter, kein Tiefenmesser, keine Tarierweste, nicht einmal einen Bleigurt besaß ich). Der Tatort war ein acht Meter tiefer Baggersee. Andere technische Ausrüstung hatte ich nicht, und natürlich war ich allein.

Und so zeichnete sich mein künftiger Lebensweg ab. Vor allem Jacques Cousteau hat mich geprägt mit der Serie „Geheimnisse des Meeres“. Hans Hass, den ich 1996 auch persönlich kennenlernen durfte, kam erst später dazu, als ich schon längst in Salzburg gelebt habe.

Zuerst einmal hieß es an der Universität Salzburg das Fachwissen über Biologie und die Meere zu erwerben. Professor Alfred Goldschmid war einer jener akademischen Lehrer, die mich mit ihrem Wissen tief geprägt haben. Schon kurz danach erwachte erstens der Wunsch, die Welt zu bereisen und möglichst alle Meere zu erforschen, und zweitens das Bedürfnis, das eigene Wissen an Jüngere weiter zu geben. Bereits im ersten Jahr nach der Promotion begann ich, Bücher und Artikel zu schreiben, Exkursionen jeder Art zu führen und meeresbiologische Kurse für Studenten anzubieten.

1990 – 1995: In diesen Jahren gab es noch kein MareMundi. Robert hat an der Universität Salzburg Zoologie und Meeresbiologie studiert. Doch Krk und insbesondere Glavotok hatten schon damals eine besondere Bedeutung. Hier führte er einen Teil seiner Forschungen im Rahmen der Diplom- und Doktorarbeit durch. Zweifellos prägte ihn der Platz nachhaltig, so dass er 2008 hierher zurückkam, um eine Feldstation für Meeresbiologie und Umweltschutz zu gründen. Die nördliche Adria, einst schlicht „Golf von Venedig“ genannt, ist das für Mitteleuropäer nächstgelegene Meer. / Fotos: Robert Hofrichter

Mein erster Arbeitsplatz dieser Art befand sich auf Isola del Giglio im Toskanischen Archipel südlich von Elba – am IfmB, dem Institut für marine Biologie von Dr. Claus Valentin. Es sollten neun wunderbare, unvergessliche Jahre werden. Doch aus Salzburg nach Giglio zu gelangen ist eine anstrengende Angelegenheit. Man fährt eine ganze Nacht lang mit dem Auto, um dann aus Porto Santo Stefano mit der Fähre auf die Insel überzusetzen. Ich sah mich daher nach einer anderen Destination um und fand diese auf Krk. Die Insel ist groß, bietet eine bunte Vielfalt an Lebensräumen zwischen dem Flaumeichen-Hainbuchenwald im Norden und dem Karst im Süden, verbindet Natur, Geschichte und Kultur in idealer Weise und allem voran ist es die für Mitteleuropäer nächstgelegene mediterrane Insel. Sie ist sogar mit einem eigenen Flughafen ausgestattet (Flughafen Rijeka). Ich kannte Krk schon seit der Zeit meiner Diplomarbeit und Dissertation, wobei der westlichste Punkt bei Glavotok eine Schlüsselrolle spielte. Im Februar 2008 erkundete ich die Insel genauer, um zu klären, ob sie für das Konzept eines  meeresbiologischen Instituts geeignet wäre. Es waren milde Tage, die Mandelbäume blühten bereits. Kein einziger Tourist war zu sehen. Es war nicht überraschend, dass ich mich gleich am Campingplatz Glavotok niederließ.

1999 – 2008: Wunderschöne Jahre auf Isola del Giglio. In den Jahren 1999 bis 2002 entstand auch das Werk „Das Mittelmeer“. Band III konnte aber leider nie erscheinen. 2008 folgte die Übersiedlung nach Krk. Und MareMundi begann seine heutige Form anzunehmen. Roberts Kindheitsfreund Gerald Blaich (Geri), seit der Gründung im Vorstand von MareMundi, war von Anfang an auf Krk dabei. Auch die treue erste Vicky begleitete die ganze Entwicklung. Angesiedelt war die Feldstation am Campingplatz Glavotok, sie kooperierte mit der örtlichen Tauchschule. Mit Hilfe junger Unterstützer:innen wurden den Besuchern Kurse, Vorträge und naturkundliche Exkursionen angeboten. / Fotos: Robert Hofrichter

Kein Anfang ist einfach, das kennt jeder, der eine so anspruchsvolle Unternehmung startet. Nach zwei Fehlversuchen in Bezug auf Partnerschaften übersiedelte ich mit meinen Schulkursen 2011 nach Punat. Und da traf ich die richtigen Kooperationspartner für eine kontinuierlich positive Entwicklung: den Toni und seine Familie mit ihrem „Piratenschiff“ Kosljun (später kam bei ihnen noch das Hostel Kantun dazu), die Partnertauchbasis Styria Günis und das Hotel Omorika, in dem unsere Kursteilnehmer, vor allem die Schulklassen, untergebracht sind und vorzüglich verköstigt werden.

2009-2010: Seit den ersten Bootsfahrten nach Cres und Plavnik waren die Gänsegeier treue Begleiter. Mit ihren 270 cm Flügelspannweite sind sie immer ein imposanter Anblick. Jungbiologen begannen mit der Erforschung der Schildfische (das war Roberts ursprüngliches Forschungsfeld), längst haben sie erfolgreiche akademische Karrieren eingeschlagen. Auch der heutige Vizepräsident von MareMundi, Helmut Wipplinger, besuchte uns und hielt als damaliger Vertreter von Sharkproject einen Vortrag über Haie. Auch Elisabeth und Walter Buchinger besuchten die Station damals. 2009 kamen dann im Rahmen von meeresbiologischen Projektwochen die ersten Gymnasien an unsere Station. Das primäre Ausflugsziel war damals nicht Plavnik, sondern Cres und das wunderbare Städtchen Beli. Hier ist ein Projekt zum Schutz der Geier angesiedelt. Da es zu dieser Zeit noch kein richtiges Institut gab (nur ein Zelt), hielt Robert den Unterricht oft im Freien ab. Doch im oder vor dem Zelt hat er schon damals das berühmte Experiment mit zwei verbundenen Aquarien durchgeführt. Zu den ersten, besten und beliebtesten kulinarischen Adressen auf Krk zählte die Konoba pod Prevolt von Katica und Dragan – daran hat sich bis heute nichts geändert. Es waren auch die aufregenden Jahre der „Bedrohten Paradiese“. Diese Sendung des WDR mit insgesamt acht Folgen, mit Robert als Protagonisten, hat beliebte Reisedestinationen der Deutschen vorgestellt und ist der Frage nachgegangen, wie sich der Massentourismus auf die Natur dieser Regionen auswirkt. In zwei Jahren besuchten Robert und seine Frau Maruska das Rote Meer, Griechenland, die Balearen, die Kanaren, die Malediven (Thilafushi, die Müllinsel), Thailand und die USA, konkret den Golf von Mexiko, nach dem Unglück der Deepwater Horizon (das Foto des brennenden Bohrturms hat Robert aus einer Cesna fotografiert). Es waren aufregende Jahre, aus dem Projekt ist auch ein Buch entstanden. / Fotos: Robert Hofrichter

Auch der hinter dem Institut stehende Verein MareMundi hat seine Entwicklungen durchgemacht. Seit etwa 2017 gibt es ein stabiles, erfahrenes Team, mit dem wir den Aufschwung bis zum heutigen MMIK-Institut geschafft haben. Die Vision, sich der Forschung, Bildung und Meeresschutz widmen, anderen Menschen die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes näher zu bringen und die Jugend für diese Anliegen zu begeistern, wurde Realität! Doch geschah es über viele Jahre eher auf Sparflamme, weil unsere Keller-Räumlichkeit nicht mehr zuließ. Der Durchbruch folgte im Winter 2021/22. Der ehemalige Supermarkt stand leer. Wir ergriffen die Gelegenheit und bauten es in nur zwei Monaten zu einem Institut aus. Wie jede andere NGO (alle Infos auf der Website) brauchen auch wir stets viele helfende Hände und Köpfe – und auch Geldbörsen. In Zeiten allgemeiner Depression ist es wunderbar, sich mit anderen netten Menschen schönen Dingen der Natur und des Meeres zu widmen und wichtige Anliegen des Naturschutzes voranzutreiben. Bald starten wir die zweite Saison des neuen MMIK – werde auch Du Teil unserer Forschungs-, Bildungs- und Naturschutzbemühungen!

Im zweiten Teil der Serie werden wir uns die Geschichte des MMIK (Krk) in den Jahren 2011 bis 2016 anschauen.



Bericht und Fotos: Robert Hofrichter
Redaktion und Gestaltung: Julian Robin
Korrektur: Christina Widmann

Veröffentlicht am 08.03.2023