Gruppenfoto unserer Praktikanten der Herbstsaison 2022 / Foto: Zoe Kornfeld

Ein Interview von Robert Hofrichter mit Zoe Kornfeld.

Im Juni 2017 besuchte uns Zoe Kornfeld zum ersten Mal: als Schülerin des Bundesgymnasium Zehnergasse, Wiener Neustadt. Das Institut von damals hieß „Schule am Meer“ und war in einem Kellerraum des Hotels Omorika angesiedelt. Ungefähr 60 Meter südlich davon war der Supermarkt, in dem sich das MareMundi-Team und unsere Besucher mit Proviant und Getränken eindeckten.

Seitdem sind Jahre vergangen. Der Supermarkt von damals wurde geschlossen. Die Schule im Hotelkeller gibt es auch nicht mehr, denn wir sind umgezogen in das Gebäude des ehemaligen Supermarkts, in unser neues MareMundi Institut Krk (MMIK) – Zentrum für Umweltbildung und Meeresschutz.

Dann startete Anfang September unsere Herbstsaison 2022. Und da stand sie vor Robert, unsere Praktikantin Zoe, die heute an der Universität Wien Biologie studiert. Robert konnte sich nicht mehr erinnern, aber Zoe wusste es noch gut: „Ich habe damals beim Mittelmeerquiz das schöne Buch gewonnen“.

Die Freude war groß. So ein nettes Wiedersehen. Und irgendwie eine Bestätigung für das MareMundi-Team: Unsere Arbeit, bei der wir uns bemühen Begeisterung für die Meere, die Natur und ihren Schutz zu vermitteln, hinterlässt offenbar nachhaltige Spuren. Jahre später erfahren wir, dass wir Schülerinnen und Schüler für die Natur, die Meereskunde und vor allem auch für den Naturschutz tatsächlich begeistert haben. Das motiviert uns. Genauso wollen wir weiter machen.

Zoe als glückliche Siegerin bei der Preisübergabe nach dem Strömungsexperiment / Foto: Zoe Kornfeld

Doch jetzt wollen wir ein Gespräch mit Zoe führen und sie ausfragen, was in ihr damals vorgegangen ist, welche Erinnerungen sie hat, wie sie der Kurs beeinflusst hat und wie sie die Welt heute sieht. Das Gespräch führt Robert Hofrichter.

MareMundi: Wie hat es überhaupt angefangen? Erzähle kurz über die damalige Schulexkursion an die „Schule am Meer“. Wann war es genau, wer hat sie geleitet, wie groß war eure Gruppe und wie war das Wetter damals?

Zoe: Ich war damals in der 6. Klasse Gymnasium. Wir waren alle im wirtschaftlichen Schwerpunkt, und als Schulreise war für uns eine meeresbiologische Woche geplant. Anfang Juni 2017 durfte ich dann also mit meiner Schule zu euch nach Kroatien fahren! Geleitet hat diese Reise meine damalige Biologielehrerin Frau Professor Grießmayer und wir waren circa 30 Schüler:innen, die euch besucht haben. Mit dem Wetter hatten wir großes Glück! Es war schon sehr warm, wir hatten durchgehend Sonnenschein und waren alle schon in sehr sommerlicher Stimmung, so kurz vor den Ferien.

Zoe’s damalige Schulklasse vom Bundesgymnasium Zehnergasse Wiener Neustadt / Foto: Zoe Kornfeld

MareMundi: Welche Programmpunkte haben Dich besonders beeindruckt? Wahrscheinlich waren wir an Bord der Kosljun auf Plavnik, oder? Und wir haben das berühmte Experiment gemacht … Und bestimmt noch viele andere Dinge …

Zoe: Die Bootsfahrten sind mir auf jeden Fall am meisten in Erinnerung geblieben. Es war super schön und aufregend mit meinen ganzen Klassenkolleg:innen aufs Meer hinaus zu fahren. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir eigentlich noch keine gemeinsame Schulreise (abgesehen von 2 Skikursen in der Unterstufe) gemacht, deshalb waren diese Erlebnisse echt was ganz Besonderes für uns.

Und ja, wir sind damals auch nach Plavnik gefahren! Ich weiß noch wie wir Schnorcheln waren, aufs Plateau hinaufgegangen sind und dort nach Spinnen gesucht haben. Eine Schildkröte haben wir oben auch getroffen. Danach gab es von Alex noch einen Vortrag direkt am Meer und im Anschluss daran ein sehr leckeres Mittagessen, welches wir auf den Holzbänken unter den Bäumen mit Blick aufs Meer genossen haben. Auch euer berühmtes Strömungsexperiment haben wir gemacht und an einem Abend sind wir mit dem Boot bei Sonnenuntergang nach Krk gefahren und durften dort sogar ein bisschen alleine die Altstadt erkunden, was damals natürlich besonders cool für uns war …

Spannende Begegnung: eine Landschildkröte auf Plavnik / Foto: Zoe Kornfeld

MareMundi: Hast Du das Gefühl, dass Du damals nachhaltig und viel über das Mittelmeer gelernt hast? Hast Du den Mediterran danach mit anderen Augen gesehen? Ist es unserem Team gelungen etwas von der Begeisterung an dieser Thematik an die Schüler:innen zu übertragen?

Zoe: Ja, das habe ich auf jeden Fall. Die Meeresbiologie hat mich schon als kleines Kind sehr fasziniert, aber das erste Mal so richtig (und vor allem wissenschaftlich) in Berührung gekommen mit diesem Gebiet der Biologie bin ich sicherlich bei euch. Davor war ich im Urlaub immer gerne schnorcheln, aber bei euch hat man die Unterwasserwelt in einem ganz neuen Blickwinkel betrachten können. Ich habe damals viel Neues über die verschiedenen Meerestiere gelernt. Aber gerade auch die mediterrane Terrestrik, die Flora und Fauna an Land, habe ich erstmals bewusster wahrgenommen. Über so etwas lernt man in der Schule oft nur wenig. Euer Wissen über die Biologie, die verschiedenen Organismen und Vorgänge in der Natur haben mich damals sehr beeindruckt. Auch meine Freunde und Freundinnen hatten viel Spaß und immer, wenn wir heute an die Zeit bei euch zurückdenken, gibt es nur gute Erinnerungen und wir sind uns alle einig, dass die meeresbiologische Woche bei euch definitiv zu den Highlights unserer Schulzeit zählt! Ein paar von den Freunden, mit denen ich heute noch in engerem Kontakt bin, finden es auch sehr cool, dass ich jetzt ein Praktikum bei euch machen darf und würden sich sogar selber sehr für die Thematiken hier interessieren. Daher bin ich überzeugt davon, dass es eurem Team damals gelungen ist, bei vielen meiner Kolleg:innen eine Begeisterung für das Thema Meeresbiologie zu schaffen!

MareMundi: Tja, und Du hast das Buch gewonnen … Das hatten wir freilich schon vergessen, da sich hier eine schier endlose Zahl an Schulen abgewechselt hat. Wie war es also damals? War es ein glatter Sieg für Dich? Und wie ist es für Dich heute beim Experiment zu sitzen und aus einer anderen Perspektive zuzuhören?

Zoe: Puh, das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so genau… Wir sind damals neben dem Hotel Omorika unter den Bäumen gesessen und haben im Zuge des Strömungsexperiments ein Mittelmeer-Quiz gemacht, wo es Punkte für richtige Antworten gab. Ich hatte jedenfalls viel Spaß dabei und hab mich sehr gefreut, als ich dann zum Schluss das Buch als Preis bekommen habe! Jetzt während meines Praktikums macht es mir Freude, wenn ich beim Experiment dabei sein kann und die Schüler:innen voll motiviert mitmachen. Es ist schön zu sehen, dass die Kinder Spaß dabei haben, gemeinsam raten und sich freuen, wenn sie richtige Antworten wissen. Und heute sitzen wir ja währenddessen in einem tollen Seminarraum am neuen Institut und nicht mehr unter den Bäumen neben dem Hotel! :)

MareMundi: Wie ist Deine eigene, persönliche Wahrnehmung der Umweltsituation, hier an der Adria und weltweit, generell? Was sollte man den Schülern, die bei uns zu Gast sind, Deiner Meinung nach unbedingt vermitteln? Und wie? Ist die Realität für junge Menschen nicht zu brutal? Kann man sie ungeschminkt präsentieren, oder soll man sie etwas beschönigen, damit die Botschaft nicht zu pessimistisch klingt? Klimawandel, Artensterben, all das …

Zoe: Mir ist aufgefallen, dass es hier sehr trocken ist und wirklich wenig geregnet hat, was der Umwelt nicht gut tut und die Brandgefahr deutlich erhöht. Der Zusammenhang mit dem Klimawandel ist offensichtlich. Ihr habt uns während einer Autofahrt, als wir die herbstlichen Farben der Bäume hier auf der Insel bestaunt haben, erklärt, dass die rote Färbung hier aufgrund von Trockenstress und fehlendem Regen schon ein ganzes Monat zu früh stattfindet. Was die Umweltverschmutzung betrifft haben wir beim Schnorcheln unter Wasser und bei unseren Ausflügen an Land immer nach Müll Ausschau gehalten, und glücklicherweise haben sich unsere Funde einigermaßen in Grenzen gehalten. Ich bin froh sagen zu können, dass ich bis jetzt eigentlich nur sehr saubere Strände hier auf der Insel Krk gesehen habe.

Wichtig zu erwähnen ist natürlich auch das Mikroplastik, welches mittlerweile in jeder Planktonprobe, die wir die letzten Wochen mittels Schiff aus dem Meer gezogen haben, unter dem Mikroskop zu finden ist. Auch dieses wird von den Meerestieren aufgenommen und kann dann über die Nahrungskette letztendlich auch in unseren Körpern landen.

Abgesehen von dem dramatischen Ausmaß der weltweiten Umweltverschmutzung treiben wir die Klimaerwärmung immer mehr voran. Es kommt viel häufiger zu Extremwettersituationen, Hitzewellen, Starkregen, Überschwemmungen, Dürren… Viele Menschen müssen flüchten und verlieren aufgrund all dieser Katastrophen ihre Lebensgrundlage und ihr Zuhause. Ernten gehen verloren, es gibt große Hungersnöte und eine globale Wasserknappheit. Die Abholzung der Waldflächen, vor allem der Regenwälder als wichtige Kohlenstoffspeicher, und der damit verbundene CO2-Ausstoß ist ein weiteres Problem, welches die Klimaerwärmung durch den Treibhauseffekt beschleunigt. Die Rodungen gehen mit einem enormen Biodiversitätsverlust einher und immer mehr Arten sind stark vom Aussterben bedroht.

Zusätzlich erwärmen sich natürlich auch die Ozeane. Infolgedessen kommt es beispielsweise zum Absterben ganzer Korallenriffe, welche durch ihre Algensymbionten sehr wichtige Sauerstoffproduzenten für die Erde sind. Dabei sterben ebenfalls sehr viele Tierarten aus.

Man könnte hier noch unzählige weitere schreckliche Entwicklungen aufzählen. Ich bin der Meinung, dass Kinder und Jugendliche so früh wie möglich über diese Phänomene und ihre Ursachen aufgeklärt werden sollten. Gerade in der Schule sollte wirklich viel Wert darauf gelegt werden, den SchülerInnen die weltweite Situation zu vermitteln, auch weil zuhause eventuell nicht bei allen genügend darüber gesprochen wird oder nicht jeder Zugang zu den richtigen Informationen hat. Und nein, ich finde nicht dass man da irgendetwas abschwächen sollte. Letztendlich sind es ja wir und die folgenden Generationen, die mit diesen Problemen zurechtkommen müssen und vor allem die Verantwortung haben, etwas zu ändern. Ich finde es ist besonders wichtig den SchülerInnen, die zu MareMundi ans Institut kommen, Vorschläge und Ideen zu geben, wie sie im Alltag ganz einfach der Umweltverschmutzung und dem Klimawandel entgegenwirken können. Einige Beispiele dafür wären Plastikverpackungen zu vermeiden, mit wiederverwendbaren Taschen einkaufen zu gehen, weniger mit Autos und mehr mit dem Fahrrad zu fahren, öfter die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen oder einfach mal zu Fuß zu gehen. Das Licht ausschalten, wenn man das Zimmer verlässt um Energie zu sparen oder den Wasserhahn abdrehen, während man sich die Zähne putzt, sind Kleinigkeiten im Alltag, die aber von jedem einfach umgesetzt werden können. Auch über Ernährungsweisen und ihre Folgen für das Klima sollte gesprochen werden. Am allerwichtigsten finde ich aber neben all diesen „Tipps“, dass man den Jugendlichen vermittelt, dass wirklich jeder als einzelne Person zu einer Verbesserung beitragen kann! Oftmals wirkt es so, als könnte man alleine eh nichts ausrichten, deswegen sollten sie immer wieder darin bestärkt werden, dass sie mit ihren Lebensweisen sehr wohl etwas verändern können. Wichtig ist es meiner Meinung nach auch darauf hinzuweisen, dass man nicht alles auf einmal umsetzen muss und auch schon kleine Änderungen der Gewohnheiten im Alltag positive Auswirkungen auf die Umwelt haben!

MareMundi: Strebst Du eine wissenschaftliche Karriere an oder möchtest Du Lehrerin werden? Oder etwas anderes machen?

Zoe: Wenn ich das nur wüsste… Momentan gehen mir dazu sehr viele Gedanken durch den Kopf. Durch das Praktikum habe ich extrem viele neue Eindrücke dazugewonnen und ich finde es unglaublich spannend, wie ihr hier als Biolog:innen wissenschaftlich arbeitet. Vor allem der Austausch mit den Kolleg:innen hier, die gerade ihre Doktorarbeiten fertigstellen und über ihre weiteren Pläne nach dem Studium erzählen hat mir gezeigt, welche Wege man nach dem Studium so einschlagen kann. Ich bin mir selber jedenfalls noch nicht sicher, was meine Wünsche für meine zukünftige Karriere sind. In Richtung Meeresbiologie zu gehen ist definitiv eine Option, aber jetzt mache ich erstmal meinen Bachelor fertig (hier spezialisiere ich mich auf Ökologie). Ich hatte in den letzten Wochen viele sehr nette und hilfreiche Gespräche mit jungen und motivierten Lehrpersonen, die euer Institut mit ihren Klassen besucht haben. Auch die Interaktion mit den Schüler:innen hier hat mir sehr viel Spaß gemacht. Deswegen überlege ich mir nun, eventuell noch Lehramt als zweites Studium zu beginnen, um später auch als Biologielehrerin arbeiten zu können.

Zoe an der Seite von Jan Gohla und seiner selbstkonstruierten Gerätschaft, die zur Unterscheidung verschiedener Arten von Mikroplastik dient / Foto: Robert Hofrichter

MareMundi: Was würdest Du der heutigen Jugend, die uns am MMIK besucht, gerne mitgeben? Welche Botschaft, welche persönliche Erfahrung, welche Einsicht? Welche Empfehlung?

Zoe: Ich würde sagen, geht mit offenen Augen in die Natur hinaus und versucht eure lebende Umwelt viel bewusster wahrzunehmen! Es gibt jeden Tag so viel Schönheit und spannende Dinge in der Natur zu sehen, egal ob das am Meer ist, im Wald hinter dem Haus, im Garten oder in einem Park. Ich persönlich finde gerade diese kleinen Begegnungen mit der Natur und der Tierwelt, zum Beispiel einen schönen Schmetterling zu sehen oder ein besonders interessant geformtes Blatt, extrem erfüllend. Wenn man den „kleinen“ Dingen mehr Aufmerksamkeit schenkt, wird der Alltag so viel besonderer. Man sollte die Natur einfach mehr schätzen und besser auf sie aufpassen.

Und was ich wirklich jedem nur empfehlen kann ist, hier bei MareMundi ein Praktikum zu machen! Es hat mir bis jetzt unglaublich viel Spaß gemacht und es war eine sehr lehrreiche Zeit. Ein Biologiestudium ist keine Voraussetzung, daher würde ich allen Leuten, die sich für das Thema Meeresbiologie, Umweltschutz und Forschung interessieren ans Herz legen, das neue MareMundi Institut in Punat auf der schönen Insel Krk besuchen zu kommen! :)

Liebe Zoe, Robert und MareMundi bedanken sich bei Dir, dass Du damals so gut aufgepasst und mitgearbeitet hast, und dass Du uns heute als Volontärin bzw. Praktikantin hilfst. Wir werden in den kommenden Jahren immer mehr tüchtige und motivierte Praktikant:innen brauchen. Ohne sie könnten wir als NGO unser Institut nicht weiter betreiben. Du bist gewissermaßen ein Vorbild für die künftigen Generationen. Darum: Noch einmal ein herzliches Dankeschön!



Bericht: Robert Hofrichter
Redaktion: Christina Widmann, Julian Robin
Fotos: Zoe Kornfeld, Robert Hofrichter

Veröffentlicht am 20.10.2022