Seegurken im Liebesrausch, Foto: Nikolas Linke, bearbeitet

Seegurken im Liebesrausch (retuschiertes Bild!)/ Foto (original): Nikolas Linke

Ein Erfahrungsbericht aus Punat von unserer Praktikantin Karen Ritter.

Wenn man an Kroatien denkt, kommen einem doch direkt Sommer, Sonne und Strand in den Kopf. Genau das dachte ich mir auch, als ich meinen Koffer für mein Praktikum im Frühjahr 2023 bei MareMundi gepackt habe. Ich habe mich schon gewundert, weshalb uns empfohlen wurde einen 7 mm Neoprenanzug mitzunehmen. Tja, die Realität hat mich schnell eingeholt. Ich bin Karen, komme aus Bonn und habe dort meinen Bachelor in Biologie gemacht. Man würde meinen als junge Akademikerin wäre man schlau genug mal den Wetterbericht zu lesen. Punat überraschte mich mit frischen 13°C Wassertemperatur in den ersten Maiwochen. Das hat aber keinen von uns davon abgehalten ins kühle Nass zu hüpfen, um die Unterwasserwelt zu bestaunen. Die Zeit verging und ehe man sich‘s versah konnten wir unsere Daunenjacken gegen Bikinis eintauschen.

Die ersten Sonnenstrahlen sorgten nicht nur in unserem Team für Frühlingsgefühle, auch im Tierreich lag Liebe in der Luft. Beim Schnorcheln konnten wir uns einige Fortpflanzungsstrategien im adriatischen “Liebesbecken” genauer anschauen. Nicht immer braucht man dafür einen Partner, das zeigen uns Organismen wie Schwämme und die zu den Nesseltieren gehörenden Hydrozoen. Diese können sich asexuell fortpflanzen, wobei sich das Tier teilt und ein genetisch identischer Tochterorganismus entsteht. Für etwas mehr Variabilität im Genpool sorgt die sexuelle Vermehrung, bei der männliche und weibliche Geschlechtszellen (Gameten) aufeinandertreffen. Paarung kann sich jedoch im Element Wasser als etwas hinderlich gestalten. Daher bedienen sich einige Tiere der äußeren Befruchtung. Eizellen und Spermien werden dabei ins Wasser abgegeben und die Befruchtung findet außerhalb des weiblichen Körpers statt. Neben den Fischen findet man diese Art der Fortpflanzung auch bei Muscheln, Stachelhäutern und anderen Wirbellosen. Das konnten wir sogar live beobachten!

Stachelhäuter bei der Abgabe ihrer Gameten / Fotos: Nikolas Linke, jebesmisve (Youtube), Greg Ochocki

Dutzende Seegurken haben in der ersten Juliwoche einen synchronisierten Liebesakt vollzogen. Die sonst flach auf dem Sediment liegenden Tiere haben sich L-förmig aufgestellt und ihre Gameten freigegeben. Aus den Spitzen ihrer Vorderenden entwich dann entweder eine kleine Wolke aus weißen Spermien oder gelblichen bis rötlichen Eiern. So ähnlich konnten wir das auch bei Seesternen beobachten. Die Gameten entwichen dabei aus Öffnungen zwischen den Armen seitlich der Zentralscheibe. Der Seestern stand dabei buckelartig auf seinen Armspitzen. Diese Stellungen begünstigen das Abtreiben der Gameten ins Wasser, da die Öffnungen im Normalzustand auf dem Substrat aufliegen. Die weniger agilen Seeigel laichen ebenfalls synchron ab und bilden dabei teils Gruppen von 10-30 Individuen, um die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung zu erhöhen.

Links: Seehasen (Aplysia punctata) bei der Paarung. Rechts: Violette Fadenschnecke (Flabellina affinis). / Fotos: Ramona Reichert

So schön und einfach kann Liebe sein! Etwas kurioser gestaltet es sich bei Tiergruppen, die sich an der inneren Befruchtung erfreuen. Dabei werden Spermien nicht ins Wasser, sondern direkt in den weiblichen Körper abgegeben. Dazu muss man in Neptuns Reich aber erst einen Partner finden. Die sessil lebenden Seepocken sind dafür mit einem Penis gesegnet, der das 8-fache ihrer Körperlänge erreichen kann. Mit diesem tasten sie ihre unmittelbare Umgebung nach Artgenossen ab und befruchten diese. Freilebende Organismen haben es hingegen ein wenig einfacher. Als Hermaphroditen (Zwitter) besitzen Fadenschnecken weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane. Bei der Begattung befruchten sich die Schnecken wechselseitig mit ihren Penissen. Angelockt von Pheromonen können Seehasen, welche auch zu den marinen Schnecken gehören, Paarungsketten mit bis zu 20 Individuen bilden. Ebenfalls zwittrig können sie ihr Geschlecht vor der Paarung ändern und entweder die männliche oder weibliche Rolle übernehmen.

Planktonproben unter dem Mikroskop: Zu sehen sind Larven vom Seeigel und Schlangenstern, ein Fischei neben einer Schneckenlarve und eine Fischlarve. / Fotos: Svea Hinrichs, Karen Ritter, Nikolas Linke

Das Resultat dieser diversen Liebesspielchen konnte sich sehen lassen! Manche von uns hatten das Glück, die Bishop bay zu besuchen, welche zu einer Wiege für Dutzende violetter Fadenschnecken wurde. Aber auch in Punat geriet man ins Baby-Fieber. Neben den winzigen juvenilen Seehasen, die sich in Algenbüscheln versteckten, fanden wir in unseren Planktonproben beim Mikroskopieren diverse Larven von Stachelhäutern, Muscheln, Krebstieren und nebenbei sogar Fischeier. Ich freue mich schon die kleinen bei meinem nächsten Besuch auf Krk wiederzusehen!

Quellen:



Bericht: Karen Ritter
Redaktion: Julian Robin
Fotos: Nikolas Linke, Karen Ritter, Svea Hinrichs, Ramona Reichert, Greg Ochocki

Veröffentlicht am 24.08.2023