
Kurzflossen-Grindwale (Globicephala macrorhynchus) / Foto: Chloé Yzoard
Wir freuen uns sehr über die Veröffentlichung der Masterarbeit unseres MareMundi-Teammitglieds Elena Turac. Die Studie befasst sich mit der Untersuchung von Kurzflossen-Grindwalen, wobei die ausgestoßene Atemluft gesammelt und enthaltene DNA extrahiert wurde. Das Paper ist nun in der Zeitschrift „Conservation“ erschienen.
Für den nachhaltigen Schutz von Meeressäugetieren ist es notwendig, zuverlässige Informationen, wie Geschlechterverhältnis, Körpermasse der adulten Tiere, Anzahl der Geburten pro Jahr etc., zu kennen. Mit Hilfe dieses Wissens können Aussagen über die Gesundheit und Dynamik einer Population gemacht werden, woraus sich wiederum Schutzmaßnahmen ableiten lassen.
Da Meeressäugetiere einen Großteil ihres Lebens unter Wasser verbringen, sind solche Informationen jedoch schwer zu bekommen. Um aber doch mehr darüber erfahren zu können, erweist sich moderne Genetik als ein essenzielles Werkzeug. Um an genetisches Material zu gelangen, wurden hierfür meist Gewebeproben mit Hilfe eines Pfeils entnommen, der auf das Tier geschossen wurde. In den vergangenen Jahren haben sich jedoch auch nichtinvasive Techniken zu einem vielversprechenden Instrument entwickelt. So können Daten über Populationen oder einzelne Tiere ohne Verletzungen gesammelt werden. Vor allem das Einfangen von Atemluft der Wale hat sich als aufstrebende, nichtinvasive Technik etabliert. Die so gewonnenen Daten können einem einzelnen Individuum zugeordnet werden, was beim Sammeln von Kotproben oder Umwelt-DNA (englisch: environmental DNA=eDNA) früher kaum möglich gewesen war.

Elena Turac bei der Analyse von DNA-Proben / Foto: Laura Miralles-Lopez
Bisher wurde diese Methode in erster Linie angewendet, um Studien über Bakteriengemeinschaften in der Lunge von Walen durchzuführen oder deren Gesundheitszustand anhand von Hormonwerten zu erheben. Für Bartenwale oder den größten Zahnwal, den Pottwal, gelang es auch, genetisches Material zu extrahieren. Hierfür werden die Wassertröpfchen, die beim Ausatmen des Wals freigesetzt werden, mit einer Drohne und daran befestigten Plastikschalen, eingesammelt.
Für kleinere Zahnwale ist das Sammeln von Atemluft mit Hilfe einer Drohne jedoch nur schwer umsetzbar. Das Ausatemvolumen ist viel geringer, die Fontäne niedriger, das Verhalten der Tiere schwerer vorhersagbar. Bei der aus Elenas Masterarbeit entstandenen Studie wurde ein standardisiertes Protokoll zum Sammeln von Atemluft von Kleinwalen und die anschließende genetische Analyse der Geschlechter entwickelt. Hierfür hat Elena eine Kooperation der Universität Oviedo in Asturien und der Universität la Laguna auf Teneriffa etabliert.
Die Proben wurden vor der kanarischen Insel El Hierro gesammelt und im Labor der Universität Oviedo ausgewertet.

Um die Tiere möglichst wenig zu stören, wurde nach vorsichtigen Annähern mit Hilfe einer langen Karbonstange die Ausatemluft für die Probe aufgefangen / Foto: Monica Montoya
Als Modellorganismen wurden Kurzflossen-Grindwale (Globicephala macrorhynchus) gewählt. Um die Wassertröpfchen eines ausatmenden Individuums zu sammeln, wurde eine Plastikschale an einer acht Meter langen Karbonstange befestigt. Wenn eine Gruppe von Kurzflossen-Grindwalen entdeckt wurde, näherte sich das kleine Boot mit der Forscher:innencrew langsam an. Die Person, die die Proben entnahm, trug Handschuhe, sowie einen Mundschutz, um jede Kontamination durch den Menschen zu vermeiden. Durch eine Ausnahmegenehmigung durfte sich das Forschungsboot dem Tier bis auf fünf Meter nähern. Hierbei wurde mit größter Vorsicht vorgegangen. Kam das Tier an die Oberfläche, wurde die Plastikschale mit Hilfe der Karbonstange über dem Atemloch platziert und die Atemluft aufgefangen. In den Tröpfchen befindet sich zu geringen Anteilen Lungengewebe und Schleim, aus welchen die DNA im Labor extrahiert werden soll. Die in Atemluftproben enthaltene DNA ist stark fragmentiert und nur in geringen Mengen vorhanden, wodurch die Analyse stark erschwert wird. Im Labor konnte jedoch erstmals eine neue Technik gefunden werden, mit der bei einen Großteil der Proben (70 %) erfolgreich das Geschlecht des Tiers bestimmt werden konnte. Das ist ein großer Erfolg und zeigt das Potenzial, das diese nichtinvasive Technik bringt.
Der Druck, geeignete Schutzmaßnahmen für Meeressäugetiere zu setzen, erhöht sich. Anthropogene Faktoren wie der Klimawandel, Überfischung, Schiffsverkehr und Meeresverschmutzung beeinträchtigen die Überlebenschancen dieser Lebewesen. Die Weiterentwicklung dieser nichtinvasiven Technik kann hoffentlich in Zukunft dazu beitragen passende Schutzmaßnahmen für Meeressäugetiere zu etablieren.
Auch bei der MareMundi-Initiative mpa4Kvarner für ein Meeresschutzgebiet in der nördlichen Adria werden genetische Untersuchungsmethoden (eDNA-Analysen) eingesetzt. Wir freuen uns sehr, Elena mit ihrer Erfahrung auf diesem Gebiet mit an Bord zu haben.
Link zur Studie: Conservation 2024, 4(4), 860-870; https://doi.org/10.3390/conservation4040051
Genetic Sex Determination of Free-Ranging Short-Finned Pilot Whales from Blow Samples
Bericht: Elena Turac, Helmut Wipplinger
Redaktion: Helmut Wipplinger, Heiko Gothe
Veröffentlicht am 13.02.2025
