Bei der Arbeit: Jungforschende steuern auf der Suche nach Oktopussen ihr ROV (remotely operated vehicle) durch die Kvarner Bucht / Foto: MareMundi

Oktopusse – faszinierende Meeresbewohner, die mit erstaunlichen Fähigkeiten und intelligenten Verhaltensweisen Naturliebhaber:innen auf der ganzen Welt beeindrucken.

Oktopusse haben keinen natürlichen Schutz wie etwa die Schale einer Muschel oder ein Schneckenhaus um sich vor Fressfeinden zu schützen. Daher haben sie im Laufe der Evolution andere Überlebensstrategien entwickelt. So sind sie wahre Meister der Tarnung geworden. Mit ihrer erstaunlichen Fähigkeit ihre Farbe und Textur zu verändern, können sie quasi unsichtbar werden. Aufgrund des fehlenden festen Schutzes sowie des Fehlens eines Skeletts (Knochen, Knorpel etc.) ist ihr Körper mit Ausnahme ihres Schnabels sehr flexibel. So können Oktopusse in kleinste Löcher und Ritzen klettern und sich dort vor Fressfeinden in Sicherheit bringen. Außerdem sind sie äußerst schlau und entwickeln ständig neue Verhaltensweisen, um ihr Überleben zu sichern.

Doch wie steht es eigentlich um die Oktopusse rund um die Insel Krk?

Genau das wollen wir, Studierende im Master ‘Marine Umweltwissenschaften’, mit unserem Forschungsprojekt untersuchen. Dabei sind wir Teil der größeren Projekte ‘Octopus Intelligence’ und ‘GoDeep’. Im Mai 2024 kamen wir nach Krk ans MareMundi Institut und gemeinsam mit Wolfgang Slany (Technische Universität Graz), Michael Kuba (Universität Neapel), Alexius Kaufmann und dem MareMundi-Team konnten wir hier zwei Monate lang den Gemeinen Kraken (Octopus vulgaris) im Meer beobachten.

Das Ziel unserer Untersuchungen: das Verhalten der Oktopusse in der Kvarner Bucht, in ihrem natürlichen Habitat zu untersuchen:

  • Wo und wie leben Gemeine Kraken?
  • Gehen sie soziale Interaktionen mit anderen Meeresbewohnern ein?
  • In welchen Tiefen leben sie?
  • Wie werden sie bzw. ihre Bestände durch die Fischerei beeinflusst?

Selina und Daniel bei ihrer Feldarbeit für die Oktopusforschung – mit Handtuch über dem Kopf als Sonnenblende und voller Konzentration auf den Monitor des ROV / Fotos: MareMundi

Oktopusse leben am Meeresgrund. Sie schlafen in Höhlen und jagen am Boden nach Krebstieren oder Muscheln. Um zu den Oktopussen zu gelangen, nutzen wir ein Remotely Operated Vehicle (ROV) – ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug also, mit eingebauter Kamera und Licht, so dass wir alles, was wir unter Wasser sehen auch filmen können. Der ROV erlaubt es uns lange Zeit unter Wasser zu bleiben und in große Tiefen vorzudringen. So können wir auch die Meeresbewohner der tiefsten Stelle der Nordadria (125 m Tiefe) besuchen. In dieser Tiefe besteht der Grund meist nur noch aus Sand oder Schlamm. Demzufolge gibt es also nicht sehr viele Behausungen für Oktopusse. Dennoch konnten im letzten Jahr auch dort schon Oktopusse von den TecDivern gesichtet werden.

Bereits zahlreiche interessante Beobachtungen und Aufnahmen konnten von den TecDivern und mittels ROV gemacht werden / Fotos: MareMundi

Wir haben im Rahmen unserer Feldarbeit künstliche Höhlen, bestehend aus verschiedenen Rohren angebracht auf einem schweren Stein, im Meer versenkt. Diese Höhlen sollen geeignete Behausungen für Oktopusse werden, in denen sie vor Fressfeinden sicher sind. Die ausgebrachten Höhlen werden regelmäßig von uns mit dem ROV besucht, um zu schauen, ob die Höhlen von den Tieren tatsächlich besiedelt werden. Die verschiedenen Höhlen sind unterschiedlich ausgestattet: Einige bestehen aus größeren Rohren, andere aus kleineren, einige haben als „Tor“ für den Höhleneingang Steine angebracht, andere nicht. Damit wollen wir herausfinden welche Ausstattungsmerkmale einer Höhle am beliebtesten bei den Oktopussen sind. Gleichzeitig betrachten wir auch die Umgebung rund um die Höhle, um zu sehen wie das Habitat dort aussieht. Gibt es dort bereits viele natürliche Höhlen? Finden wir Spuren von Oktopussen? Finden wir sogar einen Oktopus? Was tut der Oktopus gerade?

Wenn wir einen Oktopus gefunden haben, versuchen wir, ihm eine Weile mit dem ROV zu folgen, um verschiedene Verhaltensweisen zu beobachten. Diese Videos schauen wir uns später an und analysieren sie anhand unserer Forschungsfragen. In Zukunft sollen die künstlichen Oktopus-Höhlen noch technisch ausgestattet werden: mit Kameras, Bildschirmen, Knöpfen und vielem mehr. So wollen Wolfgang Slany und ein Team an Wissenschafter:innen die Intelligenz von frei lebenden Oktopussen in ihrem Habitat untersuchen.

Eine großartige Idee, die Intelligenz von Oktopussen in der Natur anstatt in Gefangenschaft zu studieren!

Viel Arbeit, aber auch schöne Stunden am Wasser – das Team der Forscher:innen in der Kvarner Bucht / Fotos: MareMundi



Bericht: Selina Ernst, Daniel Kalysch
Redaktion: Julian Robin
Fotos: MareMundi

Veröffentlicht am 11.11.2024